Rest-Urlaub: Nicht leichtfertig auf Arbeitgeber-Kulanz setzen!

Die Urlaubszeit ist fast vorüber, ein Großteil des zustehenden Erholungsurlaubes wird wohl in diesem Sommer verbraucht worden sein. Aber was passiert eigentlich mit den restlichen Tagen, die bis Ende des Kalenderjahres nicht genommen wurden? Viele Arbeitnehmer sind sich sicher, dass sie noch bis zum 31.3. des kommenden Jahres Zeit haben, die restlichen Tage zu nehmen. Doch diese Annahme gilt nur unter bestimmten Bedingungen, die nur von wenigen Arbeitnehmern erfüllt werden.  

Das Bundesarbeitsgericht BAG hatte sich rechtzeitig zu Beginn der Urlaubssaison mit der Frage der Übertragbarkeit des Rest-Urlaubsanspruchs in das erste Quartal des Folgejahres auf der Basis eines Tarifvertrages zu befassen (BAG, 3.6.2014, 9 AZR 944/12). In diesem Urteil weist das BAG noch einmal darauf hin, dass kein genereller Anspruch auf Übertragung besteht, denn dafür muss eine vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) abweichende Anspruchsgrundlage bestehen. Diese lag im behandelten Fall in Form einer tarifvertraglichen Bestimmung vor, die den Urlaubszeitraum wirksam um das erste Quartal des Folgejahres erweiterte.

Grundsätzlich handelt es bei Erholungsurlaub um eine Hol-Schuld des Arbeitnehmers. Dies bedeutet, dass der Urlaub nach dem Gesetz zum Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer nicht nachweisbar die Gewährung von Urlaub begehrt hat. Rein theoretisch bedeutet dies für den Arbeitnehmer, dass er, wenn er den Anspruch auf Übertrag ins Folgejahr auslösen will, für jeden Arbeitstag des Anspruchsjahres nachweisen muss, das er die Gewährung verlangt und ggf. abgelehnt bekommen hat. Kann er dies nicht, könnte sich der Arbeitgeber am Ende des Jahres hinstellen und behaupten, dass er dem Arbeitnehmer genau an den Tagen, für die dieser keinen Urlaub beantragt hat, selbstverständlich gerne den Urlaub gewährt hätte.

In der Praxis passiert dies so recht selten, die meisten Arbeitgeber zeigen sich aus Angst vor dem Unwillen ihrer Arbeitnehmer recht kulant und werden dabei oft auch noch von ihrem Betriebsrat unterstützt. Schließlich wollen in diesen modernen Zeiten alle Beteiligten lieber Flexibilität statt starrer Regeln, wie z.B. durch einen bereits Anfangs des Jahres festgelegten Urlaubsplan. Doch wenn diese Unsitte erstmal „eingerissen“ ist, produziert sie jährlich wiederkehrende Urlaubsstaus kurz vor Ende des ersten Quartals und die damit fast immer einhergehenden Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern untereinander und mit dem Abteilungsleiter, der auch zu dieser Zeit eine funktionierende Abteilung vorhalten muss.

Es erscheint unsinnig, die Lösung eines Problems durch die simple Verschiebung eines Stichtags um 3 Monate nach hinten anzustreben, da es sich im Folgejahr dann wieder genauso ergeben wird. Daher ist es ratsam, wenn Betriebsrat und Arbeitgeber „gemeinsame Sache“ machen und bereits früh im Jahr bekannt geben und dann immer wieder daran erinnern, dass diesmal zum 31.12. alle Rest-Urlaubstage verfallen werden, wenn nicht wie oben beschrieben beantragt wurde.

Dies wird zunächst einen gewissen Aufschrei erzeugen, aber spätestens im kommenden Jahr dazu führen, dass die meisten Arbeitnehmer recht sorgfältig und vorausschauend ihre Erholung planen und einreichen. Und die wenigen Unverbesserlichen, die glauben, ohne Erholung auskommen zu können (was natürlich arbeitswissenschaftlich belegter Unsinn ist), kann der Arbeitgeber unter Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht in den Urlaub schicken, indem er diesen von ihm selbst ausgewählte Tage zuweist. Auf diese Weise hat man spätestens nach 2 Jahren eine oft jahrzehntelang geübte und viel beklagte Praxis beendet und die selbstverantwortliche Urlaubsplanung der Arbeitnehmer etabliert.

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