Wer im Wahlvorstand für Betriebs- oder Personalratswahlen sitzt, hat eine anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen. Wer es bei der Fülle von Vorschriften mit deren Befolgung nicht ganz so genau nimmt, produziert schnell Fehler, deren Folgen der nächste Betriebs- bzw. Personalrat ausbaden muss. Umso erstaunlicher, welch groteske Verstöße gegen einfachste und klarste Vorschriften ohne den Hauch eines Zweifels begangen werden.
Im vorliegenden Fall erteilte das VG Ansbach (18.04.2013, AN 7 P 12.01024)
dem Wahlvorstand einer Niederlassung der Bundesagentur für Arbeit zwar eine Ohrfeige für seine lasche Pflichtauffassung, es hätte aber auch Anlass für eine Rüge der Amtsauffassung gehabt.
Dem Wahlvorstand wurde ein Wahlvorschlag an einem Freitag um 10:30 Uhr eingereicht, der Vorsitzende erklärte nach überschlägiger Prüfung gegenüber dem Listeneinreicher, dass es sich wohl um einen gültigen Wahlvorschlag handele. Die endgültige Prüfung durch den Wahlvorstand erfolgte am darauffolgenden Dienstag. Dumm nur, dass die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen schon am Montag abgelaufen war und der Wahlvorstand in seiner Sitzung am Dienstag zu dem Schluss kam, dass die Liste unheilbar ungültig war. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Nun verpflichtet aber §10 BPersVWO ähnlich wie §7 (2) WO den Wahlvorstand zur unverzüglichen Überprüfung eingereichter Wahlvorschläge. Zur Erinnerung: „unverzüglich“ bedeutet „wer handeln kann, muss auch handeln“. Das Verwaltungsgericht hat die Gründe des Wahlvorstands, warum er nicht noch am Freitag selbst bzw. am Montag die Prüfung während der Arbeitszeit vornehmen konnte, abgetan und sogar eine entsprechende Sitzung am dazwischenliegenden Wochenende für zumutbar gehalten. Jedenfalls rechtfertigen irgendwelche dienstlichen Gründe der Wahlvorstandsmitglieder nicht, dass der Wahlvorstand nicht schon vorausschauend eine letzte Sitzung zur Überprüfung am Tag des Fristablaufs einplant.
In keinem Fall ist der Vorsitzende berechtigt, Wahlvorschläge liegen zu lassen, wenn er sie nach seiner subjektiven Einschätzung für unbedenklich hält.
Grundsätzlich muss der Wahlvorstand von mindestens zwei Zeiten innerhalb seiner Amtszeit ausgehen, in denen es zu außergewöhnlichen Arbeitsbelastungen kommen kann und in denen er sich jederzeit auf kurzfristig erforderliche Tätigkeiten wie z.B. Sitzungen einstellen muss.
Zum einen sind die etwa 3 Wochen von unmittelbar vor Erstellung der Wählerliste sowie Erstellung, Beschluss und Aushang des Wahlausschreibens bis kurz nach Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge mit ggf. anschließend notwendigem Losentscheid sowie dem Ende der Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste von vielerlei Aufgaben mit etlichen anspruchsvollen Entscheidungen geprägt, die alle äußerst zeitnah zu erfolgen haben, jedoch nicht immer vorauszuplanen sind. Hier müssen schon rein vorsorglich etliche planbare Termine angekündigt und für die unplanbaren ein Stand-by-Modus für alle Wahlvorstandsmitglieder eingerichtet werden.
Die andere Zeit hohen Arbeitsaufkommens liegt in der Zeit unmittelbar vor der Wahl bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Betriebsrats. Dabei erscheint der eigentliche Wahlvorgang mit einer gewissen logistischen Vorausschau noch am leichtesten planbar, die Unwägbarkeiten beginnen mit der Bekanntgabe der Wahl an die Gewählten. Hier muss sich der Wahlvorstand ebenfalls zur Verfügung halten, wenn Gewählte erklären, die Wahl nicht annehmen zu wollen. Eine unverzüglich stattfindende Sitzung ist die unausweichliche Folge einer solchen Erklärung.
Es ist fast schon bedauerlich, dass das VG Ansbach nicht noch ausführlich die Tatsache kommentiert hat, dass es möglich war, dass ein Wahlvorschlag eingereicht wurde, der auf haarsträubende Weise ungültig war (es handelte sicher eher um eine „Lose-Blatt-Sammlung“ aus Kandidatenliste, Zustimmungserklärungen und Stützunterschriften, die erkennbar keine einheitliche Urkunde bildeten). Ein Wahlvorstand, der einen solchen Wahlvorschlag nicht als Kritik an seiner Amtsauffassung versteht, verdient seinen Namen nicht. Obschon es richtig ist, dass sich der Wahlvorstand auf die Mindesterfüllung seiner Pflichten zurückziehen kann, obliegt im grundsätzlich die Aufgabe, die Wahl ordnungsgemäß durchzuführen.
Dazu gehört es nach unserer Auffassung aber auch, durch eine entsprechende Informations- und Beratungspolitik überhaupt erst die Grundlage auf Seiten der Wähler und Kandidaten dafür zu schaffen, dass die Wahl ordnungsgemäß erfolgt. Erfahrungsgemäß verfügen die Wähler und Bewerber nämlich nur über sehr wenig Wissen über das Wahlverfahren und die sie betreffenden Vorschriften. Vor diesem Hintergrund mutet es fast als Vereitelungsversuch an, wenn sich der Wahlvorstand auf die Informationen in Wahlausschreiben und ausgehängter Wahlordnung zurückzieht. Es bleibt dem verantwortungsvollen Wahlvorstand unbenommen, neben einer offensiven Informationsverbreitung auch zahlreiche Beratungstermine anzubieten sowie entsprechende Leitfäden und Vordrucke vorzuhalten. Eine gewisse Servicementalität sollte neben dem erforderlichen Pflichtbewusstsein schon vorhanden sein.