Mitarbeitermotivation: (K)eine Frage des Geldes

von Mediator und Coach Sebastian Schoberansky

 

Ob zu Weihnachten, Ostern, zum Geburtstag oder bei besonderen Leistungen: in vielen Firmen purzeln bei diesen und anderen Gelegenheiten mehr oder minder passende Geschenke, werden mehr oder minder passende Vergnügungen durchgeführt. Gemeinsam ist allen, dass sie die Motivation der Mitarbeiter erhöhen sollen und dass sie Geld kosten. Mal weniger, mal ganz schön viel. Für eine Maßnahme hat jetzt das Marktforschungsinstitut YouGove herausgefunden, dass sie tatsächlich die Motivation erhöht. Aber macht, wie eine Kommentatorin resümierte, Geld tatsächlich „ein bisschen glücklich“?  

Die Befragung förderte zutage, dass Mitarbeiter, denen der Arbeitgeber einen Zuschuss zu einem Jobticket gewährte, höhere Zufriedenheitswerte aufwiesen, als jene ohne einen solchen Zuschuss. Mit der Höhe des Zuschusses stieg auch die Zufriedenheit, wobei Arbeitnehmer mit höherem Gehalt in der Regel auch einen höheren Zuschuss erhielten.

Interessant wäre es gewesen, zu erfahren, welchen Effekt derselbe Betrag als reine Gehaltserhöhung gehabt hätte. Nach meiner Erfahrung haben solche Minibeträge (denn darum geht es hier) als Gehaltserhöhung eher einen gegenteiligen Effekt („Die wollen mich wohl verarschen!“)

Es muss also wohl um etwas anderes als den absoluten Geldbetrag gehen.

Wie z.B. „Aufmerksamkeit für die eigene Person“: die Zuwendung erfolgt personifiziert (auf dem Jobticket steht mein Name/ ist mein Bild, der AG meint mich), die Zuwendung unterstützt (wie ich zur Arbeit komme, ist rechtlich mein Problem), Verhältnisbildung in überschaubarem Maßstab (wie schön, dass ich meinem AG 60% Zuschuss wert bin). Oder z.B. „Die gute Sache“: die Zuwendung dient gesellschaftlich anerkannten Zielen (ein Arbeitgeber, der den Umweltschutz unterstützt, muss ein guter Arbeitgeber sein, dem ich vertrauen kann).

Meine These: kann man (AG) alles viel billiger haben. Auch im Arbeitskontext sind die Bedürfnisse der Menschen nach Sicherheit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Kontakt und Zugehörigkeit vorhanden. Wer ihnen dies durch nachhaltiges Wirtschaften, Gestaltungs- und Beteiligungsmöglichkeiten, interessante und angemessen herausfordernde Tätigkeiten, Wertschätzung für Leistung UND Person und eine gelebte Wertebasis schenkt, braucht kaum Geld in die Hand zu nehmen, um motivierte und zufriedene Mitarbeiter zu bekommen.

Wer einmal seine Mitarbeiter auf materielle Incentives angefixt hat, befindet sich schnell in einer Spirale der Aufrüstung, aus der er nur schwer wieder herauskommt.

Wie schön, wenn Menschen wegen der Tätigkeit/Gemeinschaft gern zur Arbeit kommen, statt für das ihnen winkende Bestechungsgeld. Ist doch auch in anderen Beziehungen so: Wie doof fühlt sich das an, wenn man den Eindruck bekommt, dass die Ehefrau nur wegen der Kohle und dem Haus noch bei einem bleibt…

…oder zu einem gekommen ist: Die alte Personaler-Weisheit „Wer für Geld kommt, arbeitet für Geld und geht für Geld“ könnte schon bei der Einstellung dabei helfen, absehbare Enttäuschungen auf beiden Seiten zu vermeiden. Kein „Schmerzensgeld“ der Welt kann die falsche Aufgabe und ein beeinträchtigendes Arbeitsumfeld auf Dauer aufwiegen. Arbeitgeber und Bewerber sollten offen und ehrlich miteinander umgehen und sich selbst intensiv befragen, ob der jeweils andere mit allem Drum und Dran langfristig zu einem passt.

Die Folgen einer Auswahl, die diese Fragen nicht so wichtig nimmt, weil vielleicht andere Sachzwänge als wichtiger betrachtet werden, sind mittlerweile nicht mehr zu übersehen: Nach einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK WIdO nahm die Zahl der Krankheitstage wegen Burnouts zwischen 2004 und 2010 um das 9-fache zu. Das Gallup-Institut hat bei der Erhebung des Engagement-Index 2011 festgestellt, dass 3/4 aller Arbeitnehmer innerlich bereits gekündigt haben. Marco Nink, Strategic Consultant bei Gallup, nennt die Gründe: „Diese Zahlen zeigen ganz eindeutig, dass die Gründe für eine mangelnde emotionale Bindung nicht in den Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses liegen. Führungskräfte sind diejenigen, die in der Verantwortung stehen, da sie es sind, die das Arbeitsumfeld durch ihr Führungsverhalten prägen und gestalten. Es wird deutlich, welchen Einfluss das Führungsverhalten, also die Erfüllung der elementaren Bedürfnisse und Erwartungen am Arbeitsplatz, auf die Verbundenheit der Mitarbeiter hat. Gute Führung orientiert sich am Menschen. In jedem Unternehmen lassen sich durch geeignete Maßnahmen Verbesserungen erzielen, denn der Grad der emotionalen Bindung ist unabhängig vom Ausgangsniveau veränderbar. Unternehmen dürfen ihr Humankapital nicht vernachlässigen und müssen dem Führungsverhalten größere Bedeutung beimessen.“

Gallup zeigt damit auf, dass es viel weniger auf teure Incentives ankommt, als auf die guten alten Soft Skills. Um auf diesem Gebiet später nicht ebenfalls teuer nachregulieren zu müssen, sollte daher diesen Fähigkeiten bei der Auswahl nicht nur der Führungskräfte große Bedeutung beigemessen werden.

Aber was Geld kostet, muss nicht immer nutzlos sein: Handfeste Leistungen durch z.B. betrieblich unterstützte Kinderbetreuung kosten zwar einiges an Geld, scheinen aber ein wichtiger Faktor zu sein. Herbert Mai, scheidender Arbeitsdirektor der Fraport AG: „Als ich vor zehn Jahren zur Fraport kam, waren Kinderkrippen undenkbar. Sogar der Betriebsrat war dagegen: Wieso für wenige etwas tun, das so viel Geld kostet? Wenn, dann schüttet für alle was aus! Jetzt haben wir drei Krippen und ein Ad-hoc-Betreuungsangebot. Anfangs war das eine Sozialleistung. Dann merkte man, dass die Fehlzeiten der beschäftigten Eltern zurückgingen. So wurde es eine betriebliche Maßnahme zur Reduzierung von Fehlzeiten. Mittlerweile ist es ein Personalmarketing- Instrument. Wenn Sie junge Leute für sich begeistern wollen, ist das ein Argument.“ (chrismon, 07/2012).

An anderer Stelle berichteten wir darüber, dass die Bundesregierung leider bis jetzt kein Nachfolgeprogramm zur finanziellen Unterstützung von Unternehmen aufgelegt hat, die die Mitarbeiterzufriedenheit mit solchen Maßnahmen verbessern wollen. Dies ist umso ärgerlicher, als dass hier deutlich geworden sein dürfte, dass unmittelbare und tägliche Maßnahmen zur Befriedigung vor allem emotionaler und lebenspraktischer Bedürfnisse im Arbeitskontext zur Erhöhung der Zufriedenheit und damit zur Verringerung insbesondere der gesundheitlichen wie wirtschaftlichen Folgerisiken viel wirksamer sind, als teurer Schnickschnack. Geld für die Insignien eitlen Statusgehabes auszugeben, passt nun wirklich nicht mehr in unsere Zeit.

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