Betreuungsgeld-Farce: Wo bleibt die Unterstützung für die Betriebe?

Unser Staat hat sich dazu entschieden, Kinderkriegen und -großziehen nicht den Eltern allein zu überlassen. Das könnte er selbstverständlich tun, will er aber nicht. Und seine Bürger wollen mittlerweile wohl auch nicht mehr auf seine Unterstützungen verzichten. Doch der derzeitige politische Streit um das Betreuungsgeld wird in einer Weise geführt, die naheliegende Lösungen für die Lebenswirklichkeit der Eltern fast vollständig ausblendet. 

Dass die Koalition mit dem Betreuungsgeld auch noch andere Ziele verfolgt, sieht man schon am ausgelobten Betrag: Die lächerliche Summe von 150 Euro je Monat wird von vielen Betroffenen als Schlag ins Gesicht empfunden. Mehr ist uns die Erziehungsleistung von Eltern wirklich nicht wert? Müssten wir nicht eigentlich, wenn wir schon über Ökonomisierung und Professionalisierung von Erziehung reden, endlich die Einführung eines akzeptablen Erziehungsgehalts diskutieren? Und gleichzeitig Krippen- und Kitaplätze weiter ausbauen, damit endlich eine echte Wahlfreiheit für die Eltern entsteht?

Nun, bei diesem läppischen Handgeld wird das heimliche Ziel der CSU, die Frauen (denn diese erbringen noch immer den weitaus größten Teil der Erziehungsleistung) vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, sicher nicht erreicht werden. Und Alleinerziehende werden weiterhin jahrelang am Burnout (Umfrage 2011) entlangschrammen und dabei ständig von Armut (lt. DGB-Studie) bedroht sein.

Hört man den gestressten Eltern in den Betrieben zu, so klagen diese sehr häufig über nervige Öffnungszeiten der Kitas und den zusätzlichen Zeitaufwand fürs Bringen und Abholen des Nachwuchses. Der dadurch entstehende Mangel an Flexibilität stößt dann auch schnell mal den Kollegen, dem Vorgesetzten und dem Arbeitgeber auf.

Die naheliegende Lösung der Probleme beider Seiten durch einen Betriebskindergarten bzw. betriebsnahen Kindergarten hat jedoch insbesondere in den westlichen Bundesländern kaum eine Tradition, folglich haben sogar bei den mittleren bis größeren Unternehmen nicht viele eine entsprechende Einrichtung.

Betriebsräte, die nach Lösungen für dieses Problem suchen, müssen nach der Lektüre des Kommentars zu §87 (1) Nr. 8 BetrVG frustriert feststellen, dass ihnen bei der Einführung eines Betriebskindergartens kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht und damit auch kein Initiativrecht zusteht. Die Förderpflicht aus §80 (1) Nr. 2b BetrVG zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die freiwillige Betriebsvereinbarung hierzu nach §88 Nr.2 BetrVG liefern ebenfalls keine echten Instrumente.

Dies zwingt die Betriebsräte, die für ihre KollegInnen die Betreuungssituation durch betriebsinterne Maßnahmen verbessern wollen, einerseits beim Arbeitgeber mit guten Argumenten für ihre Vorschläge zu werben und andererseits das Thema offensiv in die betriebliche Diskussion einzubringen, um Notwendigkeit nachzuweisen und Lösungsdruck zu erzeugen.

Für die Arbeitnehmerseite lassen sich viele gute Argumente wie

  • verringerte Fehlzeiten aufgrund niedrigerer Belastung,
  • höhere Motivation und besseres Commitment zum Unternehmen,
  • höhere Arbeitszeitenflexibilität,

usw. finden.

Für den Arbeitgeber dürfte es zusätzlich eine Rolle spielen, dass die Bindung an das Unternehmen gerade aufgrund dieser Ausnahmestellung ziemlich hoch und ein Wechsel zu einem Wettbewerber unwahrscheinlicher sein dürfte. Es kann sogar sein, dass derart versorgend gebundene Arbeitnehmer deutlich schneller zu Zugeständnissen bereit sein dürften, wenn es das Unternehmen von ihnen erwartet.

Entscheidend erleichtert würde aber die ganze Diskussion zwischen den Betriebspartnern, wenn sich die Regierung zu einer deutlichen Förderung gerade auch von betrieblichen Lösungen durchringen könnte. Das zuständige Bundesministerium wirbt zwar noch auf seiner Internetseite mit einem Förderprogramm zur „betrieblich unterstützten Kinderbetreuung“ aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, gibt aber gleichzeitig das Auslaufen der Antragsfrist zum 31.12.2011 bekannt. Von einer Alternative ist jedoch keine Rede, der von Ministerin Schröder vorgestellte „10-Punkte-Plan“ macht zu betrieblichen Lösungen eher schwammige Aussagen, auf konkrete Hilfe dürfte zu warten sein.

Ist da das Scheitern der ersten Lesung zum Betreuungsgeld im Bundestag am vergangenen Freitag wegen fehlenden Interesses der Parlamentarier ein Silberstreif am Horizont für die Betriebe? Selbst wenn dieses Vorhaben fallen gelassen werden würde, so ist es doch recht unwahrscheinlich, dass das eingesparte Geld besonders für betriebliche Lösungen eingesetzt wird.

Es wird also weiterhin darauf ankommen, dass die Betriebspartner auch ohne Geldgeschenke den Willen für betriebliche Betreuungslösungen aufbringen. Bezüglich der Finanzierung sollten auf beiden Seiten keine Denkverbote vorherrschen, stattdessen wird der Gedanke des Werbens die Gespräche bestimmen müssen.

Weitere Informationen dafür liefern die Handelskammern , eine Übersicht über länderspezifische Förderungen sowie spezialisierte Dienstleister (1+2).

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