BAG präzisiert Schutz vor Kettenarbeitsverträgen.

Wer kennt sie nicht: Kettenverträge, bei denen sich ein zeitbefristetes Arbeitsverhältnis an das nächste reiht. Praktisch für den Arbeitgeber, mit viel Unsicherheit behaftet für den Arbeitnehmer.

Vor etwas mehr als zehn Jahren hat die Bundesregierung dieser weit verbreiteten Praxis mit §14 (2) S. 2 Teilzeit- und BefristungsG einen Riegel vorgeschoben: Danach war eine erneute und diesmal sachgrundlos befristete (volgo: zeitbefristete) Einstellung eines schon zuvor beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesenen Bewerbers unzulässig.

Dieser unauffällig platzierte Satz 2 hatte in der Praxis nicht nur die vom Gesetzgeber gewünschten Auswirkungen:

  • War dem Arbeitgeber diese Vorschrift bekannt, sah dieser häufig zum Leidwesen des Bewerbers aus Sicherheitsgründen von einer Einstellung ab, wenn ihm eine unbefristete Einstellung zu gewagt erschien.
  • Wurde ein Bewerber dennoch erneut und sachgrundlos eingestellt, so hatte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, welchen er erfolgreich gerichtlich durchsetzen konnte.

Die gefürchteten Kettenverträge konnten durch die neue Regelung zwar bekämpft werden, gleichzeitig wurde jedoch ein erhebliches Einstellungshindernis geboren, da nach herrschender Meinung die Vorschrift sogar für eine jahrzehnte zurückliegende Beschäftigung als Werkstudent gelten sollte. Diese Auffassung ist von unterschiedlichster Seite heftig kritisiert worden.

Jetzt hat das BAG Klarheit geschaffen, die der Lebenswirklichkeit Rechnung trägt: Mit Urteil vom 06.04.2011 (7 AZR 716/09, Pressemitteilung Nr. 25/1) findet die Vorschrift keine Anwendung auf Einstellungen, wenn das frühere Arbeitsverhältnis vor mehr als 3 Jahren beendet wurde. Bei der Wahl dieser Frist hat sich das BAG an der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist angelehnt.

Für Betriebsräte ergibt sich daraus eine Arbeitserleichterung: Viele listeten akribisch alle Arbeitsverhältnisse mit ihren Eckdaten auf, um bei Anhörungen nach §§99/100 BetrVG prüfen zu können, ob ein Verstoß gegen §14 (2) S.2 TzBfG vorliegt. Ab sofort brauchen nur noch die Daten der jeweils zurückliegenden letzten 3 Jahre berücksichtigt zu werden.

Stellt der Betriebsrat dennoch fest, dass ein Verstoß vorliegt, so stellt sich für ihn die Frage, wie er vorgehen soll: Widerspricht er der Einstellung mit der Begründung des Gesetzesverstoßes, hat er zwar dem Gesetz Genüge getan, jedoch wird der Arbeitgeber regelmäßig von einer Einstellung des Bewerbers absehen. Den Schaden hat zumindest der Bewerber, wenn nicht gar der Betrieb, wenn dadurch ein unerfahrener Arbeitnehmer anstatt eines erfahrenen kommt.

Der Betriebsrat kann jedoch auch der Einstellung zustimmen (z.B. durch Verstreichenlassen der Wochenfrist) und dann später beim Arbeitgeber auf eine formelle Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis drängen oder es gleich dem Arbeitnehmer überlassen, ob dieser sein Recht geltend machen will.

Will der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geltend machen, so kann er noch während der laufenden Befristung Befristungskontrollklage erheben oder nach Auslaufen der (unwirksamen) Befristung innerhalb von 3 Wochen ab Ende des Arbeitsverhältnisses Kündigungsschutzklage erheben.

Arbeitgeber können jetzt nach dänischem Vorbild leichter auf bewährte und erfahrene Arbeitnehmer zurückgreifen und sich aufwändige Einarbeitungen sparen (in Dänemark können Arbeitnehmer „vorübergehend entlassen“ werden, d.h., der Arbeitgeber zahlt in dieser Zeit kein Entgelt, die Arbeitnehmer erhalten bis zu 90% ihres Entgelts als Arbeitslosengeld und können ohne Kündigungsfrist eine andere Tätigkeit annehmen. Am Ende der vorübergehenden Entlassung lebt das alte Arbeitsverhältnis quasi wieder auf. Besteht am Ende jedoch keine Beschäftigungsmöglichkeit, gelten die Arbeitnehmer formal als gekündigt, der Arbeitgeber hat das Entgelt für die Kündigungsfrist nachzuzahlen.)

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