BAG öffnet die Tür für strategische Tagesordnungsplanung

Der siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich der Ansicht des ersten Senats angeschlossen, dass eine Änderung bzw. Ergänzung der Tagesordnung in der betreffenden Sitzung nicht mehr die Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder erfordert (BAG, 22.1.2014, 7 AS 6/13). Damit ist es ab sofort möglich, gewünschte Beschlussfassungen auch auf dem Wege kurzfristiger Änderungen der Tagesordnung herbeizuführen.  

Bisher war es so, dass eine Änderung nach Ansicht des siebten Senats nur dann zu einem wirksamen Beschluss führte, wenn die vollzählig versammelten Betriebsratsmitglieder der Änderung einstimmig zugestimmt hatten. Zu dieser Sichtweise gehörte auch, dass grundsätzlich alle Betriebsratsmitglieder eine Ladung+Tagesordnung erhalten, auch wenn eine mögliche Verhinderung bereits bekannt und ein Ersatzmitglied zu laden war. Hintergrund: Das Betriebsratsmitglied muss in die Lage versetzt werden, pflichtgemäß entscheiden zu können, ob es an einer Sitzung teilnehmen will oder nicht. Dazu gehörte selbstverständlich auch die Kenntnis der auf der Sitzung zu verhandelnden Punkte.

Der siebte Senat schließt sich jetzt der Auffassung an, dass „ein Betriebsratsmitglied, das eine bestimmte Tagesordnung für unwichtig erachtet, keinen Schutz davor (verdient), dass die anwesenden Betriebsratsmitglieder einen weiteren Tagesordnungspunkt einstimmig auf die Tagesordnung setzen.“

Damit wird es möglich, bei vorher bekannter Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern, deren unerwünschte Meinung eine gewünschte Beschlussfassung bisher verhindert hat, durch eine kurzfristige Änderung der Tagesordnung der Sitzung, auf der mehr Betriebsratsmitglieder mit dem gewünschten Abstimmungsverhalten anwesend sind, die gewünschte Beschlussfassung wirksam herbeizuführen.

Diese Entscheidung dürfte das Vertrauen gerade in großen Betriebsratsgremien bzw. solchen, die unter starker Fraktionierung zu leiden haben, nicht gerade fördern, denn schließlich reicht es aus, wenn nach §29 (3) BetrVG ein Viertel der Betriebsratsmitglieder die Behandlung eines Gegenstandes verlangt, um den Vorsitz auch gegen seinen Willen dazu zu zwingen, diesen auf die Tagesordnung zu setzen.

Andererseits ist es zu begrüßen, dass damit auch Betriebsratsmitglieder mit eher laxer Pflichtauffassung und daher seltenerer Sitzungsteilnahme deutlich mehr Sorge haben müssen, dass während ihrer Abwesenheit gegen sie entschieden wird.

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