FDP zur Sozialen Marktwirtschaft: Rainer Brüderle im Hamburg Cruise Center

Es gehört zu unseren Aufgaben, sich auch bei jenen politischen Kräften, die nicht unbedingt als große Freunde der Mitbestimmung bekannt sind, einen Eindruck von ihren Positionen zu verschaffen. So gingen wir also sehr interessiert zum „Wirtschaftsdialog“ der FDP mit dem Thema „Die Soziale Marktwirtschaft – Zukunftsmodell für Deutschland und Europa“ am vergangenen Montag. Schließlich hatten sich Prominenz und Kompetenz angesagt: die FDP wurde von der Vorsitzenden der FDP-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Katja Suding, und den beiden MdB Rainer Brüderle sowie Burkhardt Müller-Sönksen vertreten, an der Diskussionsrunde nahmen neben dem Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts auch zwei hochkarätige Vertreter der Wirtschaft teil.  

Insgesamt ließ die Veranstaltung mit ihrer Mischung aus Wahlkampf und Fachdiskussion keine echte Zufriedenheit aufkommen und brachte kaum neue Erkenntnisse. Katja Suding versuchte tapfer in der Diskussionsrunde, die sich stellenweise deutlich gegen die FDP wandte, ihre Partei mit eigenen Themen in ein gutes Licht zu rücken, Rainer Brüderle hatte es da in seinem Eingangsvortrag „Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft“ leichter, wirtschaftliche Erfolge Deutschlands auch auf die FDP zu beziehen.

Aus unserer Sicht bemerkenswert: gleichwohl das Thema „Soziale Marktwirtschaft“ hieß, fiel kaum ein Wort über Sozialpartnerschaft, über Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, und kein einziges Wort zur Mitbestimmung. Einzig Rainer Brüderle lobte die Zurückhaltung der Sozialpartner in den Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise, als Deutschland noch als der „kranke Mann Europas“ galt. Hier hatten wir nicht nur mehr, sondern auch eine eher ablehnende Haltung zu den Koalitionen der Arbeitnehmer erwartet.

Noch 2009 hatte die FDP einen Vorstoß gegen die Mitbestimmung gewagt (Wahlprogramm 2009, S.12-13), der zu einschneidenden Einschränkungen der Rechte der Arbeitnehmervertreter und ihrer Zahl geführt hätte. Im aktuellen Bürgerprogramm 2013 findet man nicht mal die Worte „Betriebsrat“ und „Mitbestimmung“.

Was ist los mit der FDP? Ist sie einsichtig geworden, nachdem zahlreiche Studien einen tendenziell positiven Einfluss der Mitbestimmung auf den wirtschaftlichen Erfolg ergaben? Hat sie aus taktischen Gründen Kreide gefressen, nachdem ihr bei ihren beiden letzten Versuchen 2002 (Analyse) und 2009, das Betriebsverfassungsgesetz anzugehen, erheblicher Gegenwind entgegenblies? Ist ihr das traditionelle Feindbild abhandengekommen, nachdem sich das Selbstverständnis vieler Betriebsräte in den letzten Jahren stark verändert hat? Oder hat sie resigniert bei ihrem Versuch, aus Deutschland zumindest in Hinblick auf das wirtschaftliche System ein kleines Amerika zu machen?

Zu Letzterem hatte einer der Diskutanten eine klare Meinung: aus seiner internationalen Erfahrung konnte er sagen, dass die Soziale Marktwirtschaft schlichtweg zu uns Deutschen passt. Insofern nütze auch das ganze Gejammere über unsere angeblichen Defizite nicht wirklich etwas, sondern wir sollten uns doch lieber auf unsere Stärken konzentrieren.

Wir wollen diesem Experten gerne zustimmen: Mitbestimmung passt zu uns Deutschen, denn wir wollen und können mitgestalten, weil wir Verantwortung übernehmen wollen. Dieser wichtige Aspekt der Mitbestimmung wurde in der Diskussion neben der Chancengleichheit als wesentlicher Aspekt der Sozialen Marktwirtschaft und als Erfolgsfaktor herausgearbeitet, den es allgemein zu stärken gilt.

In diesem Sinne sind verantwortungsbewusste Arbeitnehmer, die in Mitbestimmungsgremien anspruchsvolle Aufgaben übernehmen, ein lebendiger Beweis dafür, wenn die FDP die Soziale Marktwirtschaft als Erfolgsmodell ansieht. Vielleicht profitiert die FDP ja irgendwann davon, wenn sie die Mitbestimmung nicht mehr so wie früher dämonisiert.

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