Betriebliche Umstrukturierungen: Aufgaben für den Betriebsrat nach Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan

Der betriebliche GAU hält auch die größte anzunehmende Aufgabe für Betriebsräte bereit: Betriebliche Umstrukturierungen, Ausgliederungen und Schließungen machen als Betriebsänderungen meist auch den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan notwendig. Dabei übernimmt der Betriebsrat noch mehr als sonst Verantwortung für das Schicksal und die Zukunft seiner KollegInnen.

Wenn alle Vereinbarungen endlich abgeschlossen sind, kann der Betriebsrat ersteinmal durchatmen. Die Entspannung ist jedoch von kurzer Dauer, denn die Umsetzung hält etliche Aufgaben bereit und kann auch erhebliche Auswirkungen auf den Betriebsrat selbst und seine Mitglieder haben.

Zwei wesentliche Aufgabenfelder bestehen dabei zum einen in der Überwachung, ob der Arbeitgeber die Vereinbarungen korrekt umsetzt, und zum anderen darin, die betroffenen KollegInnen zu informieren und zu begleiten. Denn für diese beginnt jetzt die eigentliche Zeit der gravierenden Veränderungen.

Werden Interessenausgleich und Sozialplan eingehalten, hat der Betriebsrat vorwiegend im zweiten Aufgabenfeld zu tun. Gibt es jedoch bei der Umsetzung Unstimmigkeiten, entstehen schnell neue Aufgaben, denn schließlich hat der Betriebsrat als Vertragspartner Anspruch auf eine ordnungsgemäße Umsetzung.

Zunächst muss der Betriebsrat prüfen, welche Rechtsnatur die jeweiligen Vereinbarungen haben, denn daraus ergeben sich seine Handlungsmöglichkeiten:

Der Interessenausgleich ist nur unter Umständen eine Betriebsvereinbarung, der Sozialplan ist dagegen eine Betriebsvereinbarung „besonderer Art“. Liegt eine Betriebsvereinbarung vor, so kann der Betriebsrat im Falle der Nichteinhaltung seinen Unterlassungsanspruch geltend machen.

Dabei muss wie immer zwischen der kollektiv- und der individualrechtlichen Ebene unterschieden werden: Die Ansprüche der KollegInnen kann der Betriebsrat nicht durchsetzen. Die KollegInnen können im Falle der Abweichung vom Interessenausgleich ihren Nachteilsausgleichsanspruch geltend machen und bei Nichteinhaltung des Sozialplans ihre Ansprüche im Rahmen einer Erfüllungsklage durchsetzen. In beiden Fällen kann der Betriebsrat die KollegInnen durch entsprechende Informationsblätter und Formschreiben unterstützen.

Da bei Schließungen immer und bei Ausgliederung und Stellenabbau gegebenenfalls auch die Betriebsratsmitglieder betroffen sind, ergeben sich daraus vielfältige Auswirkungen auf Arbeit und Existenz des Betriebsrats. Nach den jeweiligen Gegebenheiten ist zu prüfen, ob ein Übergangs- oder Restmandat vorliegt, ggf. können Neuwahlen erforderlich sein. Glücklicherweise hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die Kontinuität des Betriebsrats auch in personeller Hinsicht vorrangig erhalten bleibt. So hat ein Betriebsratsmitglied aus einer zu schließenden oder auszugliedernden Abteilung einen Anspruch auf Übernahme in eine andere Betriebsabteilung, der bis zur Freikündigung eines dann vom BRM zu besetzenden Arbeitsplatz gehen kann.

Und im Falle einer kompletten Schließung ist die dann ausnahmsweise gestattete Kündigung der Betriebsratsmitglieder nur zum Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsstilllegung, also zur unwiderruflichen Auflösung der Gemeinschaft aus Arbeitnehmern und Betriebsmitteln, möglich. Sind z.B. noch Aufräumarbeiten zu erledigen, kann der Arbeitgeber die BRM nicht einfach kündigen. Paradoxerweise bleibt der Betriebsrat auch über die jeweiligen Kündigungen hinaus so lange im Amt, bis keine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben mehr zu erledigen sind, sprich: „Der Betriebsrat macht das Licht aus.“

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