Private E-Mails am Arbeitsplatz: der feine Unterschied zwischen Account und E-Mail

In der unsicheren Zone der privaten Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz behelfen sich die Beteiligten häufig mit der Faustformel, dass der Arbeitgeber, wenn er die private Nutzung erlaubt oder duldet, zum „Diensteanbieter“ wird und damit an das Fernmeldegeheimnis des §88 TKG gebunden ist.

Die meisten Beteiligten gehen daher davon aus, des es danach dem Arbeitgeber nicht mehr wie bei rein geschäftlich genutzten E-Mail-Systemen erlaubt ist, in die Mails des Arbeitnehmers zu sehen. In einem arbeitsrechtlichen Forum wurde gerade anhand eines Urteils des LAG Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Februar 2011 – Az. 4 Sa 2132/10, Urteilstext) darauf aufmerksam gemacht, dass diese pauschale Annahme so nicht gilt und damit eine erhebliche Stolperfalle für Arbeitnehmer besteht.

Schon die Leitsätze dürften viele Arbeitnehmer verunsichern:

1. Ein Arbeitgeber wird nicht allein dadurch zum Dienstanbieter i. S. d. Telekommunikationsgesetzes, dass er seinen Beschäftigten gestattet, einen dienstlichen E-Mail-Account auch privat zu nutzen.

2. Belassen die Beschäftigten bei Nutzung des Arbeitsplatzrechners die eingehenden E-Mails im Posteingang bzw. die versendeten im Postausgang, so unterliegt der Zugriff des Arbeitgebers auf diese Daten nicht den rechtlichen Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses.

Im vorliegenden Fall wehrt sich die Arbeitnehmerin dagegen, dass ihr Arbeitgeber, der die private Nutzung des E-Mail-Systems im Rahmen einer GBV gestattet hat, während ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit Zugriff auf ihren dienstlichen E-Mail-Account nahm, auf dem auch private Mails lagen. Das LAG hat nun gegen die Arbeitnehmerin entschieden und in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber sehr wohl in einen auch privat genutzten Account einsehen darf, so lange er die offensichtlich privaten Mails ungeöffnet lässt.

Ab RN 41 macht das LAG einige allgemeine Ausführungen zur Frage, ob bzw. ein Arbeitgeber „Diensteanbieter“ ist. In RN 59 weist das Gericht darauf hin, dass es noch kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist, wenn beim Zugriff auf den Account das Öffnen und Lesen privater Mails potentiell möglich ist.

Besonders erwähnen möchte ich Arbeitgeber und Betriebsrat. Den Betriebsrat (resp. GBR), weil er eine wie ich finde gute Regelung gefunden hat (RN 7-12), den Arbeitgeber, weil er alles getan hat, um ein sauberes Verfahren und den Schutz des Persönlichkeitsrechts zu gewährleisten: er hat die Arbeitnehmerin geduldig versucht zu erreichen, um mit ihrer Hilfe an die benötigten dienstlichen Mails zu kommen, er hat den Datenschutzbeauftragten informiert und hat unter Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds den Account geöffnet und nur die dienstlichen Mails geöffnet.

Vor diesem Hintergrund kann gesagt werden, dass die Faustformel nur für private E-Mails als solche gilt und dann auch nur soweit, als dass diese nicht rechtswidrig genutzt werden und ein berechtigtes und schützenswertes Interesse des Arbeitgebers schädigen. Die erlaubte bzw. geduldete private E-Mail-Nutzung schafft somit keinen überwachungsfreien Raum. Es empfiehlt sich, dass beim Verfassen von Mails der Gedanke, dass der Arbeitgeber mitlesen könnte, präsent ist und dass private Mails durch entsprechende Kennzeichnung im Betreff eindeutig als solche identifizierbar sind.

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